Wird auf dem Schlachthof ein neues Fachmarktzentrum mit Niedrigpreis-Discountern gebaut? Um diese Frage zu diskutieren, hatte die Stadtfelder Ortsgruppe von B’90/Grüne am Mittwochabend ins Seniorenpfl egeheim Pro Vita eingeladen. Die zahlreichen Gegner des Projektes nutzten die Gelegenheit, Stadtplanungsamtsleiter Olbricht und dem Investor ihre Bedenken vorzutragen.
Es war kein leichter Abend für Investorenvertreter Andreas Voigt und Heinz-Joachim Olbricht, Leiter des Stadtplanungsamtes. Sie sahen sich auf der Diskussionsveranstaltung dem geballten Stadtfelder Widerstand gegen die Pläne für ein neues Fachmarktzentrum auf dem Schlachthofgelände (siehe Infokasten) gegenüber. „Wir sind strikt dagegen“, sagte Gert Fiedler vom Verein „Bürger für Stadtfeld“ und führte die Statistik ins Feld: So habe Magdeburg bereits jetzt 2,7 m2 Einkaufsfl äche pro Einwohner, bundesweit seien es 1,5 m2 – und das bei unterdurchschnittlicher Kaufkraft.
Viele Argumente gegen Ansiedlung Fiedler wusste die Masse der Anwesenden hinter sich, von Holger Salmen als Vertreter der 200 Händler an der Großen Diesdorfer Straße über die IHK, die Vertreter von Flora- und Bördepark, City-Carré-Manager Guido Reuter und IG-Innenstadt- Sprecher Arno Frommhagen bis hin zu Bündnisgrünen- Stadtrat Jürgen Canehl, der als kommissarischer Vorsitzender der „Bürger für Stadtfeld“, örtlicher GWASprecher, Stadtplaner und Parteivertreter in Personalunion gegen die Ansiedlung des Fachmarktzentrums wetterte. Die Argumente der Gegner sind zahlreich:
- Es gebe ohnehin schon zu viele Händler und Lebensmitteldiscounter in Stadtfeld,
- das Verkehrsaufkommen an der Liebknechtstraße werde sich stark erhöhen,
- die kleinen Händler an der Großen Diesdorfer Straße und die Innenstadthändler müssten existenzbedrohende Einbußen hinnehmen,
- die „Billigmärkte“ beschädigten das Ansehen Stadtfelds,
- Bürgerarbeit und Stadtteilfeste in Stadtfeld wurden bislang immer nur durch die kleinen Händler unterstützt, aber nie durch Großmärkte wie „Kaufland“,
- das Märktekonzept der Stadt, das eigentlich dem Schutz des innerstädtischen Handels diene, werde durch die Ansiedlung ausgehebelt,
- nach den Abrissen der Baudenkmäler wie des Kohlebunkers 2007 habe die Sanierung von Viehbörse, Rinderetagenstall und Kleinviehmarkthalle nur noch eine „lächerliche Alibifunktion“ (Oliver Schilling) bzw. „komme einer Zerstörung gleich“ (Jürgen Canehl).
- besser wäre auf dem Gelände städtisch geprägte Einfamilien- und Doppelhäuser oder eine Stadthaussiedlung zu errichten, das habe bereits 2006 eine von der Stadt beauftragte Stadtteilentwicklungsplanung vorgeschlagen.
Denkmalsanierung nur durch Investor möglich Chef-Stadtplaner Heinz-Joachim Olbricht verteidigte die Pläne der Stadt überaus engagiert und stellte ein Argument ins Zentrum: Die Baudenkmäler auf dem Schlachthofgelände können nur durch Investoren erhalten werden. Niemand von den in der Runde anwesenden Kritikern habe das Geld, und mit Wohnungsbau gehe es nicht, weil das aufgrund des kontaminierten Bodens zu teuer werde. „Das ist eine Kröte, die wir schlucken müssen“, sagte Olbricht. Er vertraue dem GMAKonzept, das keine wesentlichen Auswirkungen für die Innenstadthändler prognostiziert, einige Einzelhändler in Stadtfeld müssten Verluste im einstelligen Prozentbereich hinnehmen. „Wir wissen, dass das wehtut, aber wir sehen, dass es im Schlachthof weitergeht“, so Olbricht.
Der Diskussion folgten auch zahlreiche Kommunalpolitiker, darunter Alt-OB Willi Polte und Staatssekretär a. D. Bernhard Sterz (beide SPD), die Stadträte Klaus Kutschmann (Tierschutzpartei), Lothar Tiedge (BfM), Reinhard Stern (CDU), Thorsten Giefers (B’90/Grüne) und Hans- Jörg Schuster (FDP). Letzterer betonte wie Olbricht, dass noch nichts entschieden sei und die gewählten Bürgervertreter erst einmal über die Vorstellungen von Stadtverwaltung und Investor beraten werden – z. B. auf dem gestrigen Bauausschuss, von dem die Volksstimme berichten wird.
(Volksstimme vom 20.05.2011)
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