Darf der potenzielle Investor aus Weimar auf dem ehemaligen Schlachthofareal einen Lebensmittel-Supermarkt errichten? Und wird ihm gestattet, als „Beigabe“ noch drei denkmalgeschützte Hallen zu sanieren und diese durch Handel und Gastronomie wiederzubeleben?
Die Verwaltung hat dazu ein Gutachten eines renommierten Berliner Büros eingeholt, das die Machbarkeit des Projektes mit geringfügigen Abstrichen bestätigt.
Oder wird den Argumenten der Projektgegner gefolgt, die darin einen Verstoß gegen eine ausgewogene Versorgungsstruktur laut Märktekonzept konstatieren? Sie befürchten auch den Untergang kleiner Geschäfte in der Großen Diesdorfer Straße sowie in der City. Für Stadtfeld wird ein zusätzliches Verkehrschaos, so auf der Liebknechtstraße, erwartet. Im Vorfeld der morgigen Ratssitzung hatte es heftige Scharmützel zu dem Vorhaben gegeben.
Tiefe Risse durch die Fraktionen Sie endeten im Bauausschuss mit einen Patt. Vier Räte (Grüne, Linke, SPD und CDU) stimmten dagegen, vier dafür (SPD, CDU, future und FDP). Das Unentschieden allerdings gilt laut Abstimmungsregel als nicht genehmigt. Ebenso verhält es sich im Umweltausschuss: zwei Stimmen dafür, zwei dagegen, zwei Enthaltungen.
Experten werten: Mit diesem Ergebnis ist noch immer alles offen. Zumal durch die Fraktionen ein tiefer Riss geht. Außerdem hat Mirko Stage, Stadtrat der Jugendpartei, einen Kompromissvorschlag durchgesetzt, der dem Investor u. a. „Auflagen“ zum Verkehr und zum Sortiment erteilt. Stages Vorschlag kam im Bauausschuss so gut an, dass sogar ein ausgemachter Gegner wie der Linke Bernd Krause Ja sagte.
Später stimmte er allerdings gegen die so geänderte Druckvorlage, wodurch letztlich erst das Patt zustande kam. Beim morgigen Ratsvotum steht es auf Messers Schneide – sowohl für den Investor und für jene, die das Projekt als Chance betrachten. Diese wäre sonst für weitere 10 bis 15 Jahre vertan, äußerten unisono Frank Schuster (CDU) und Olaf Czogalla (SPD) im Bauausschuss.
Genauso können jene noch nicht erleichtert aufatmen, die im Schlachthofprojekt einen existenziellen Angriff auf den städtischen Handel vermuten oder den Verkehrsinfarkt befürchten. Das gilt u. a. für Jürgen Canehl von den Grünen, für Arno Frommhagen von der IG Innenstadt und für Stadtfeld-Händler.
Ähnliche kontroverse Debatten stehen der Domplatzumgestaltung bevor. Um ein grundsätzliches Pro oder Kontra wird es hier aber nicht gehen. Quer durch die Fraktionen nämlich herrscht helle Freude, dass Magdeburgs wichtigster Platz endlich angegangen wird. Bauausschuss beriet zu beiden Themen
Die Volksstimme hatte kürzlich die Pläne erstmals der Öffentlichkeit präsentiert (schrittweise in sieben Modulen Natursteinpfl aster, Baumreihen, Wasser- und Lichtspiele, Bänke, ein Café). Jetzt liegen Reaktionen aus der Fraktion SPD-Tierschutzpartei- future und von den Linken vor. In Änderungsanträgen an das morgen tagende Stadtparlament schlagen Letztere vor, eine Bürgerversammlung darüber einzuberufen, die Ideen der Magdeburger so zu sammeln.
Die SPD-Räte Hans-Dieter Bromberg und Martin Rohrßen gehen in dem Punkt noch weiter: Die Stadt solle u. a. eine repräsentative Erhebung durch das statistische Amt unter den Bürgern starten, schlagen sie vor. Auch im Bauausschuss war am vergangenen Donnerstag die Domplatzneugestaltung debattiert worden. „Wir werden uns in einer späteren Sitzung ausführlich damit befassen“, hatte Ausschussvorsitzender Olaf Czogalla vorgeschlagen.
Prinzipiell bemerkte CDURat Reinhard Stern: „Wir treffen mit den Plänen eine geschichtsträchtige Entscheidung.“ Die Wasserspiele in der geplanten Form würden nicht zum Verweilen einladen, sagte er. Er plädierte für einen Brunnen im Stil italienischer Plätze. Martin Rohrßen argumentierte gegen die Wegnahme der Bäume auf der Westseite, obwohl das im Interesse einer besseren Sicht auf den Dom wäre. Auch andere Möglichkeiten sollten noch geprüft werden, hieß es. Statt der Wasserspiele sollten die Karolingischen Spitzgräben als Pfl asterintarsien dargestellt werden, heißt es in dem SPDAntrag.
Für Domplatz ist Eile geboten Frank Schuster, CDU-Stadtrat und profunder Domkenner, fand im Bauausschuss den Vorschlag der Verwaltung gut, ein Labyrinth im Pfl aster auf der Dom-Westseite zu gestalten. „Aber weiter wegrücken, weil Fassadenteile herabfallen könnten“, forderte er.
Schon am Donnerstag sind erste Diskussionen zu erwarten. Noch vor der Sommerpause, Ende Juni, soll der Grundsatzbeschluss fallen. Übrigens drängt die Zeit – einerseits stehen derzeit Fördermittel zur Verfügung, andererseits laufen Programme aus.
(Volksstimme vom 25.05.2011)
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