„Ich werde noch verrückt, dabei will ich doch nur einen Kitaplatz!“ Mit diesem Ausruf endet Matthias Callehns Kontakt mit dem „Kitaportal – Otto spielt, Otto lacht, Otto lernt“. Diese Internetseite der Stadt sollte ihm eigentlich dabei helfen, für seine beiden Kinder einen Kitaplatz in Magdebug zu finden. Was er erlebt hat, erinnert aber mehr an den legendären Hauptmann von Köpenick: keinen Pass, keine Arbeitserlaubnis, keine Arbeitserlaubnis, keinen Pass.
Am Freitag loggte sich Matthias Callehn ins Kitaportal ein. Und freut sich. Er kann einen Kitaplatz per Internet reservieren. Als er in der Kita anruft, teilt man ihm mit, dass die Einrichtung bis 2013 komplett ausgebucht sei. Und dass seine Reservierung auf Grund eines Software-Fehlers im Kitaportal zustande gekommen sein müsse. Solche Fehler seien mit diesem Programm nicht neu. Die Erzieherin gibt ihm den Tipp: Rufen Sie lieber selbst in den Kitas an und fragen nach. Das macht der genervte Vater. Aber: In den Kitas, die er anruft, sagt man ihm, er müsse das Kitaportal benutzen, die Einrichtungen selbst dürften keine Anmeldungen annehmen. Damit ist die Köpenickiade komplett: kein Kita-Platz über das Kitaportal, ohne Kitaportal aber kein Kitaplatz.
Die Volksstimme testete gestern das Portal. Um 12 Uhr rufen wir das Portal auf. In die Suchermaske tragen wir die Daten für ein Kind, 4 Jahre alt, ein. Das Such ergebnis zeigt an, dass „kein freier Platz“ gefunden wurde. Unter dem Button „Platzübersicht“ ist das Angebot fast gleich null. Allerdings nur fast. In der Kita am Neustädter See soll es noch sechs freie Plätze geben. Ein sofortiger Anruf dort ergibt: Fehlanzeige. Keine Plätze frei, bis August ausgebucht und möglicherweise liege „wieder einmal“ ein Software- Fehler vor, so die Auskunft aus der Einrichtung. Mit dieser Auskunft bliebe interessierten Eltern folglich nichts anderes übrig, als der Reihe nach die Kitas in Magdeburg anzurufen. Denn: Software- Fehler kann ja auch bedeuten, dass zwar die sechs Plätze am Neustädter See eine falsche Angabe waren, die vielen Nullen bei allen anderen Einrichtungen aber auch nicht korrekt sein müssen. Vielleicht gibt es ja doch noch freie Plätze – irgendwo.
Übrigens: Gestern um 14 Uhr waren die sechs freien Plätze im Norden aus dem Kitaportal wieder „verschwunden“. Dafür gab es einen Platz in Diesdorf. Die Kitaplatz-Suchmaske gab aber dagegen an, dass in Diesdorf kein Platz zur Verfügung steht.
Von Leipzig bis Hannover Die Volksstimme testet weiter.
Leipzig: Auf der städtischen Internetseite ist der Button „meinkitaplatz- leipzig.de“ zu fi nden. Über ein Online-Formular kann die Suche auf die ganze Stadt bezogen oder aber nach speziellen Fragestellungen gefi ltert werden. Ein Klick dann und die Suche beginnt. Ein Platz wird nicht angeboten, aber der Hinweis, unbedingt eine Hotline anzurufen.
Dessau und Halle bieten keine Kitaplatz-Suche per Internet an, verweisen aber auf Telefonnummern und Mitarbeiter im Jugendamt. Wolfsburg verfährt ähnlich.
Braunschweig bietet eine Internet-Kitaplatzsuche an. Auf der städtischen Internet-Seite ist der Weg dorthin leicht zu fi nden, und nach rund drei Minuten Suche und Fragen-Maske ausfüllen werden 17 Kitas aufgelistet, die freie Plätze zu vergeben haben. Ein Kontrollanruf ergibt: stimmt.
Hannover hält ebenfalls ein Kitaplatz-Portal bereit. Zwar muss man sich ein wenig den Weg dorthin suchen, über den Button „Gesundheit und Soziales“ – dann aber hat man Erfolg: Gestern wurden stadtweit sechs freie Kitaplätze angeboten.
Für Hans-Werner Brüning, zuständiger Sozialbeigeordneter der Stadt Magdeburg, besteht kein wirkliches Problem mit dem Magdeburger Kitaportal. „Es gibt definitiv keinen Softwarefehler im Portal. Das System zeigt nur die freien Plätze an, die aufgrund der hinterlegten Betreuungsverträge zur aktuell gültigen Kapazität berechnet werden. Mit Einführung der überarbeiteten fl exiblen Kapazitätenverwaltung und deren Freischaltung am 12.12.2011 wird gewährleistet, dass die von den Einrichtungen hinterlegte Betriebserlaubnis eigenständig abgebildet wird und dem aktuellen Stand entspricht“, so die Antwort auf eine Volksstimme- Anfrage. Somit sei gegeben, „dass die Einrichtungen mit der fl exiblen Kapazitätenverwaltung jeden Monat eine neue Variable der Betriebserlaubnis eingeben und eine Vorplanung für das ganze Jahr bzw. darüber hinaus erstellen können. Sogenannte Fehler entstehen dadurch, dass Daten in den Einrichtungen nicht immer genau gepflegt werden“, schiebt Brüning den an das Kitaportal angeschlossenen Einrichtungen den „Schwarzen Peter“ zu.
(Volksstimme vom 20.01.2012)
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