„Mit einer Genehmigung des Fachmarktzentrums auf dem Schlachthofgelände brechen alle Dämme“, heißt es in einer Pressemitteilung der IG Innenstadt. Dessen Sprecher Arno Frommhagen erklärt weiter: „Unsere Mitglieder protestieren gegen die Absicht der Stadtverwaltung, einem Investor den Bau eines Fachmarktzentrums auf dem Schlachthof- Areal mit bis zu 12 Märkten und einer Verkaufsfläche von rund 9000 Quadratmeter zu gestatten.“
IG Innenstadt: City wird damit begraben Die Stadtverwaltung hat eine entsprechende Beschlussvorlage für den Stadtrat erarbeitet. Das erste von mehreren beteiligten Gremien, der Umweltausschuss, lehnte es in dieser Woche ab. Arno Frommhagen hofft nun, dass auch die anderen Ausschüsse und letztendlich der Stadtrat die Änderung des Bebauungsplanes verwirft. Sein Argument: „Sollte der Stadtrat diesem Vorhaben dennoch zustimmen, so öffnen sich in Magdeburg alle Türen für weitere Einzelhandelsinvestitionen mit innenstadtrelevanten Sortimenten außerhalb der Innenstadt. Das widerspricht eklatant dem vom Stadtrat verabschiedeten Märktekonzept.“
Die IG Innenstadt erwarte eine Verdrängung von bestehenden Geschäften, insbesondere in der Innenstadt, aber auch in den Stadtfelder Geschäftsstraßen Olvenstedter Straße und Große Diesdorfer Straße. „Da ein Großteil der geplanten Geschäfte wie Reno, ernsting‘s family, Pfennigpfeiffer, Kooza und Ähnliches es in Magdeburg schon gibt, werden durch die Neueröffnung von Filialen im Schlachthofareal wahrscheinlich andere Filialen geschlossen oder spezialisierte örtliche Einzelhändler verdrängt“, sagte Frommhagen weiter. Derzeit befände sich nur ein Viertel der Gesamt- Einzelhandelsfl äche Magdeburgs in der Innenstadt. 75 Prozent aber an sogenannten „Grüne-Wiese-Standorten“ wie dem Bördepark oder Flora- Park, heißt es in der Begründung weiter. Werde das Fachmarktzentrum am Schlachthof gebaut, schrumpfe der Innenstadt-Anteil auf 17 Prozent. „Damit trägt die Stadtverwaltung ihre eigene lebendige Innenstadt zu Grabe“, befürchtet er.
Bürgerverein: Chance für Wohnen verbaut Ähnlich sieht es auch der Verein „Bürger für Stadtfeld“, um Jürgen Canehl, der in einem Schreiben an alle Stadtratsfraktionen und den Oberbürgermeister Protest gegen die Pläne einlegt. „An Discountern fehlt es uns in Stadtfeld insbesondere im Bereich der Großen Diesdorfer Straße nun wirklich nicht. Gerade erst wird das ehemals denkmalgeschützte Kahlenbergstift an der Ecke zum Europaring abgerissen. Hier entsteht ein großer Parkplatz mit der üblichen Nullachtfünfzehn- Discounter-Verkaufsstelle“, heißt es in der Stellungnahme. Das sogenannte Fachmarktzentrum bewege sich zudem auf niedrigstem Preisniveau. Der Antragsteller wolle 15 Billigmärkte und 272 offene Parkplätze schaffen. Alle seien in Magdeburg schon reichlich vorhanden. In dem Protestbrief heißt es: „Mit der Einrichtung würde nicht nur gegen das Märktekonzept verstoßen werden, sondern auch die Chance für Wohnen auf den benachbarten Flächen verbaut.“ Dort sollen auf etwa 12 000 Quadratmetern in fünf sogenannten Punkthäusern etwa 65 Eigentumswohnungen mit gehobenem Standard entstehen und das benachbarte unter Denkmalschutz stehende Beamtenwohnhaus modernisiert werden. „Dieses Vorhaben entspricht der grundsätzlichen Zielsetzung des immer noch rechtsverbindlichen B-Planes Nr. 223.1 vom 22. August 2000, wonach das ehemalige Schlachthofgelände vor allem für Wohnzwecke vorgesehen ist“, heißt es in der Stellungnahme der „Bürger für Stadtfeld“ weiter.
Einkaufsparks sehen sich stark benachteiligt Widerstand regt sich aber auch aus einer ganz anderen Ecke. Nämlich seitens des Flora- und Bördeparks. In einem der Volksstimme vorliegenden Schreiben an den Baubeigeordneten Dieter Scheidemann heißt es: „Sollte der mit insgesamt 9000 Quadratmetern gravierenden Abweichung von den wesentlichen Grundsätzen des Märktekonzeptes zugestimmt werden, sehen wir uns insbesondere im Hinblick mit der baurechtlich restriktiven Behandlung unserer beiden Fachmarktzentren erheblich benachteiligt.“
Was hier nach einem drohenden Rechtsstreit klingt, formuliert IG Innenstadtsprecher Arno Frommhagen noch klarer: „Es gibt Mitglieder von uns, die sicherlich die Entscheidung durch einen Fachanwalt prüfen lassen würden.“
Beigeordneter Dieter Scheidemann, der die umstrittene Drucksache DS 223-1.2 in die Stadtratsdebatte einbringen wird, sagte gestern der Volksstimme auf Nachfrage: „Das Märktekonzept hat eine Öffnungsklausel und zwar immer dann, wenn ein städtebaulicher Mehrwert entsteht. Und das sehen wir mit der Gesamt-Entwicklung des Areals. Das hat schon städtebauliche Bedeutung, vor allem wegen der denkmalschutzrechtlichen Belange.“ Aus diesem Grund müsse er dem Stadtrat die Pläne auch vorlegen. Die letztendliche Entscheidung werden ohnehin die Kommunalpolitiker treffen.
Die Pläne seien zu dem von der „Gesellschaft für Marktund Absatzforschung“ (GMA) begleitend untersucht worden und man habe kaum Probleme festgestellt. Die Abwanderungsrate in andere Bereiche sei unter drei Prozent, heißt es in dem von der Stadt in Auftrag gegebenen Gutachten. „In einigen Fällen ist der Investor auf die von der GMA gegebenen Hinweise gleich eingegangen und hat sie geändert“, erklärt Heidrun Barthel vom Stadtplanungsamt. Es sei ein ständiger Prozess. Die GMA werde das Vorhaben deshalb auch weiter für die Stadt begleiten.
(Volksstimme vom 13.05.2011)
Schreibe einen Kommentar