Eine „illegale“ Grenzüberschreitung wagten am vergangenen Montag Vertreter der AG Gemeinwesenarbeit (GWA) Stadtfeld-Ost, als sie über den Europaring zum neu eröffneten Spielplatz in Stadtfeld-West wanderten. Grund des Übertritts in „fremdes Terrain“ war die Begutachtung des potenziellen Alternativstandorts für den von der GWA gewünschten Kleinkindspielplatz an der Martin-Agricola-Straße.
Zu Anschauungszwecken hatte GWA-Sprecher Jürgen Canehl die Fläche, die dazu genutzt werden könnte, mit rotweißem Absperrband abgesteckt. Kerstin Gröpler, Jürgen Genzmann und Birgit Hillmann vom Sprecherkreis des Bürgergremiums waren ebenfalls gekommen, um sich ein Bild zu verschaffen. Auf knapp 20 Quadratmeter schätzten sie die Fläche. Ein eindeutiger Rückschritt zu den maximal 400 Quadratmeter Spielraum, die der Eigenbetrieb Stadtgarten und Friedhöfe (SFM) dem Agricola-Spielplatz zugerechnet hatte.
In einer Information des SFM hieß es vor Kurzem, dass sich der Spielplatz im westlichen Stadtfeld durchaus um einen Bereich, der speziell auf die Bedürfnisse von Kleinkindern (0 bis 6 Jahre) eingeht, erweitern ließe. Einziges Hindernis: eine über 20 Meter hohe Pappel. Da diese aber ohnehin aufgrund von Stammfäule im Herbst gefällt wird, wäre der Platz für die Spielgeräte vorhanden. Ohne die Fällkosten schätzt der SFM die Einrichtung der Kleinkindecke auf 15 000 Euro. Die GWA sieht diese aber weiterhin im Osten.
Die Chronologie des Ost-West-Konflikts: Die Stadtverwaltung stellte vor zwei Jahren fest, dass es in Stadtfeld-Ost zu wenig Spielflächen gibt. Daraufhin begaben sich SFM und GWA gemeinsam auf die Suche nach geeigneten Flächen im dicht besiedelten Stadtteil. Man einigte sich u.a. auf eine 800 Quadratmeter große Fläche am südlichen Ende des Plattenbaus an der Martin-Agricola-Straße. Der Eigentümer, der Hausverwalter des Blocks, erklärte sich bereit, die Fläche der Stadt zu schenken, ein Antrag an den Stadtrat forderte diesen auf, die Offerte anzunehmen. Der Betriebsausschuss des SFM und der Finanzausschuss sprachen eine Empfehlung aus.
Doch dann meldeten sich Anwohner zu Wort, die von kleinen spielenden Kindern vor ihrem Balkon wenig hielten. Neben gesundheitlichen Bedenken aufgrund der Nähe zum Müllplatz wollten viele lieber mehr Parkplätze. Kurz vor der Abstimmung der Ratsherren über die Schenkung zauberte die SPD-Fraktion einen Änderungsvorschlag aus dem Ärmel. Diese hatte nämlich über den Tellerrand, sprich die Stadtteilgrenze, geschaut und festgestellt, dass in Sichtweite zum geplanten Kleinkindspielplatz das neue Spielareal an der Schrote entstanden war. Dann könnten doch dort die jüngsten Stadtfelder spielen, so die Idee der SPD. In der kommenden Woche wird nun die Information des SFM zur Europaring-Variante dem Stadtrat vorgelegt. Jürgen Canehl rechnet damit, dass auf der nächsten Sitzung des SFM-Betriebsausschusses das Thema diskutiert wird. Er selbst und seine GWA-Mitstreiter halten an dem seit zwei Jahren geplanten Spielplatz im Osten fest, „drüben“ könnte man immer noch später das Areal erweitern. „Der Preis für die Europaring- Erweiterung ist zu hoch, wenn dafür die Idee des Agricola-Spielplatzes stirbt“, gibt Kerstin Gröpler zu Protokoll. „Außerdem sollten Spielplätze doch in der Nähe der Wohnungen sein“, ergänzt Jürgen Canehl.
Sein Pendant aus dem „Westen“, Sebastian Neuß, Sprecher der GWA Diesdorf/Beimssiedlung, verfolgt die Diskussion natürlich, will sich aber nicht unbedingt einmischen. „Ich fi nde die Idee aber gut, da auch in der Diesterwegstraße und Pestalozzistraße viele Kinder wohnen. Das Einzugsgebiet für solch einen Kleinkindspielplatz ist natürlich nicht nur Stadtfeld-Ost, sondern auch -West“, erklärt er auf Volksstimme-Nachfrage.
(Volksstimme vom 26.08.2011)
Schreibe einen Kommentar