Dabei waren dessen Mitglieder beim ersten Versuch der Saller Bau GmbH aus Weimar vor vier Jahren noch die schärfsten Kritiker der Pläne. Ein Gewerbegebiet mit Fachmarktzentrum auf insgesamt über 50 000 Quadratmetern Fläche sollte damals entstehen. Nicht nur die Händler an der Großen Diesdorfer Straße, sondern auch die aus der Innenstadt sahen sich dadurch in ihrer Existenz bedroht. Die Folge des lautstarken Aufschreis: Der Stadtrat schmetterte das Vorhaben ab.
Auch ein zweiter Versuch von Saller vor zwei Jahren mit einem Mix aus Wohnen und Handel scheiterte, die Verwaltung lehnte diesen bereits ab. In diesem Jahr wagte der Investor, der bereits dutzende Gewerbekomplexe im In- und Ausland entwickelt hat, einen erneuten Versuch. Noch knapp 5000 Quadratmeter Verkaufsfl äche u. a. mit Discounter, Drogeriemarkt, Schuh- und Textilhandel sollen jetzt gebaut werden. Dazu will man eine eigene Siedlung mit bis zu 130 Wohnungen errichten. Auf einer weiteren Fläche ist eine Seniorenwohnanlage geplant, im Bereich der ehemaligen Viehbörse zudem eine Kita. Für beide Objekte sind die Malteser in Magdeburg als Träger im Gespräch. „Wir versuchen, dort soziale Projekte zu starten und sind mit verschiedenen Akteuren im Gespräch“, bestätigt deren Sprecher Sebastian Stiewe.
Weil der Stadtrat nun aber beschlossen hat, dass für das Nahversorgungszentrum innenstadtrelevanter Handel tabu sein soll, steht das gesamte Projekt auf der Kippe, wie Andreas Barth von Saller Bau auf Volksstimme-Nachfrage erklärt. „Es funktioniert nur im Ganzen, der Handel gehört ganz einfach dazu“, sagt er. Nach den Erfahrungen der Vorjahre sei das Projekt jetzt ausgewogen gewesen. Dass man es nun mit „einem Federwisch“ abgetan hätte, habe ihn „irritiert“.
Unterstützung für einen erneuten Anlauf kommt nun ausgerechnet von den einstigen Kritikern. Gert Fiedler, Uwe Thal und Jürgen Canehl vom Bürger für Stadtfeld e. V. hatten 2010 den Protest gegen das Fachmarktzentrum unterstützt, jetzt sind sie Fürsprecher für die Saller-Pläne. „Man muss sehen, dass wir von 100 Prozent Handel auf 10 Prozent runter sind. Wir sind also weit gekommen“, sagt Fiedler. Die aktuelle Planung sei ein guter Kompromiss. Auch Thal und Canehl unterstützen die Pläne, beide sind bei der Entwicklung des Nachbargrundstücks für Eigenheimbebauung involviert. „Nach zehn Jahren reicht es mit der Untätigkeit“, meint Jürgen Canehl.
Laut Stadtratsvorsitzenden Andreas Schumann (CDU) könnte eine Fraktion per Antrag versuchen, den Beschluss außer Kraft zu setzen. Andreas Barth wird deshalb das Gespräch mit den Fraktionen suchen. „Da ist noch nicht das letzte Lied gesungen“, meint Schumann und macht keinen Hehl daraus, dass der Beschluss eine „Verhinderung von Investition“ gewesen sei.
Falko Grube (SPD) hatte den fraglichen Änderungsantrag als Vorsitzender des Bauausschusses eingebracht. Er erklärt seinen Standpunkt: „Wir haben das Märktekonzept, das den Innenstadthandel sichern soll. Bei der benachbarten Gieselerhalle haben wir den innenstadtrelevanten Handel auch explizit ausgeschlossen.“ Er könne sich nicht vorstellen, dass ohne den Handel das ganze Projekt scheitert. „Ich gehe davon aus, dass der Schlachthof auch nur mit Wohnbebauung wirtschaftlich erschlossen werden kann“, sagt er.
(Volksstimme vom 18.11.2015)
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