„Wider besseres Wissen verbreiten die Tunnelgegner Unwahrheiten und führen die Bevölkerung hinters Licht.“ OB Lutz Trümper machte gleich zu Beginn der Pressekonferenz klar, dass er die Argumente der Gegenseite für mehr als „falsch“ hält. Das ist an sich nichts Neues, aber gerade deshalb zeigt die Einberufung einer Pressekonferenz zum Thema, wie stark der Rechtfertigungsdruck auch auf dem OB und der Verwaltung lastet.
Im Zentrum von Trümpers Argumentation liegt immer wieder die Grundfrage, dass es für ihn niemals eine Entscheidung „Bauen“ oder „Nicht-Bauen“ an den Brücken gegeben habe. „Anlass für unsere Beteiligung ist ausschließlich die Bahn, die die Brücken sanieren muss. Wir haben jahrelang alles geprüft und sind auch rechtlich zu der Auffassung gelangt, dass wir uns an der Brückenbaumaßnahme straßenseitig beteiligen müssen. In diesem Ergebnis haben wir vier Varianten untersucht, von denen letztlich zwei zur Auswahl standen: Die sogenannte ,Null-Variante‘ mit Straßen- und Bahnverkehr in einer Ebene oder die Trennung von beidem mit der Bahn oben und dem Straßenverkehr unten. Für Letztere haben wir uns dann mit dem Stadtrat entschieden, weil nur sie die beiden Verkehre trennt und nur hier das Land eine Förderung in Aussicht stellt.“
Bahn stellt klar: Es gibt keinen „Plan B“ Im Ergebnis schlagen die Baukosten für die Stadt bei dieser Variante wesentlich geringer zu Buche. Von den rund 46 Millionen Euro an Gesamtkosten übernimmt die Bahn 18,5 Millionen. 26,6 Millionen Euro entfallen auf die Stadt, von denen 20 Millionen Euro vom Land übernommen werden sollen. Trümper: „Mehrere Experten sind zwar zur Auffassung gelangt, dass die Nullvariante wegen der Absenkung der Fahrbahn in etwa gleich viel kostet. Alle Signale des Landes, das Vorhaben fi nanziell zu fördern, beziehen sich aber nur auf die Tunnel-Lösung. Das würde bedeuten, dass wir bei der Null- Variante dann statt 6,2 Millionen plötzlich 26 Millionen Euro zahlen müssten.“ Ihm zur Seite sprang auch die Bahn AG. Die hatte schon am Tag zuvor in einer Pressemitteilung klargestellt, dass es für den Tunnelbau keinen „Plan B“ gebe. Entsprechende Meldungen waren in den Tagen zuvor durch die Öffentlichkeit gegeistert. „Die DB hat keinen Plan B vorbereitet. Die Aussagen entbehren jeder Grundlage“, sagte Jobst Paul, Konzernbevollmächtigter der Deutschen Bahn für Sachsen- Anhalt. Paul betonte: „Beim Bau der neuen Ernst-Reuter- Allee sind die DB und die Stadt Magdeburg Partner. Die Bauabläufe im Bereich des Straßenbaus und des Eisenbahnbaus müssen exakt aufeinander abgestimmt werden.“ Bauverzögerungen beim städtischen Vorhaben führten unweigerlich auch zu Verzögerungen beim Projektteil der DB.
Warnung vor maroden Bahnbrücken Davor warnte Tiefbauamtsleiter Thorsten Gebhardt. „Die Bahnbrücken müssen saniert werden. Wenn sich das Gesamtprojekt verschieben sollte, ist nicht auszuschließen, dass die Bahn schon vorher Behelfsbrücken bauen muss. Diese können den Straßenbahnverkehr blockieren.“ Verzögerungen im Bauablauf gibt es ohnehin. Grund dafür ist laut Trümper, dass unter anderem das Landesverwaltungsamt für die Fördermittelprüfung eine neue Wirtschaftlichkeitsuntersuchung verlange sowie der BUND Verkehrsprognosen bis zum Jahr 2025 einfordere. Trümper: „Da frage ich mich, ob jemand ernsthaft voraussagen kann, wie viele Autos 2025 hier fahren werden. Dazu kommt, dass uns ausgerechnet diejenigen die Zeitverzögerung vorwerfen, die sie, wie der BUND, selbst mit ihren Forderungen zu verantworten haben.“ Nach jetzigem Stand rechnet die Verwaltung mit Baurecht Anfang 2012 und einer Fertigstellung des Tunnels 2016/17. Um die Verzögerungen zu kompensieren, sollen bestimmte Maßnahmen wie die Umverlegung von Abwasserleitungen aus dem Projekt ausgekoppelt und vorgezogen werden.
Warum werden die Brücken saniert?
Eisenbahnknoten Magdeburg: Insgesamt investiert die Deutsche Bahn AG im Zeitraum von 2000 bis 2018 rund eine halbe Milliarde Euro in den Ausbau des Eisenbahnknotens Magdeburg.
Dabei werden in einem Gebiet mit der Ausdehnung von 12 Kilometern in Ost-West-Richtung und 38 Kilometern in Nord-Süd- Richtung die vorhandene Stellwerkstechnik und ein Großteil der Schienenwege im Rahmen verschiedener Bauabschnitte erneuert.
Etwa ein Drittel des Bauvorhabens ist bereits abgeschlossen, darunter die Modernisierung der Gleisinfrastruktur im Südwestlichen Bahnhofskopf des Hauptbahnhofes und in den Bahnhöfen Neustadt und Fermersleben.
Die maroden Eisenbahnbrücken am Hauptbahnhof müssen durch die Deutsche Bahn AG erneuert werden. Im Rahmen der Planungen wurde als wirtschaftliche Vorzugsvariante seitens der DB AG und der Landeshauptstadt ein Tunnel zur Führung des motorisierten Individualverkehrs ermittelt.
(Volksstimme vom 26.08.2011)
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