Zum Artikel „Tunnelkosten: Kein Licht am Ende“ vom 22.11.17 in der Magdeburger Volksstimme
Musik ist bekanntlich eine Kunstgattung, deren Werke aus organisierten Schallereignissen bestehen. Was die Ohren der Magdeburger Bürger derzeit allerdings in Sachen Tunnelbaustelle erreicht, scheint jedoch weder etwas mit organisiertem Handeln noch mit Harmonie zu tun zu haben. Der Zusammenklang der Töne ist offensichtlich aus den Fugen geraten. Seit Bekanntwerden der Kostenexplosion um sage und schreibe 250% hat zwar die Lautstärke an Intensität gewonnen, von einem rhythmischen Miteinander kann aber keine Rede mehr sein. Magdeburg reiht sich damit in die Liga der aus dem Ruder gelaufenen Großprojekte in Deutschland ein.
In einem hektischen Verwirrspiel wird – wie immer bei einem derartigen Desaster – natürlich der Versuch gestartet, die Verantwortlichen ausfindig zu machen. Da es sich aber um einen Tunnel handelt, dürfte dies sehr schwierig werden, denn es ist kein Licht am Ende desselben zu sehen. Die Androhung juristischer Konsequenzen von der einen oder anderen Seite ist ein Zeichen der Hilflosigkeit und führt letztendlich nur zu weiteren Verzögerungen und Kostensteigerungen.
Eigentlich hatten sich die Magdeburger mit dem Geschehen inzwischen ja irgendwie angefreundet: Umleitungen und Staus für Autofahrer auf den Ost-West-Achsen der Stadt; Fahrradfahrer, die eher mehr schieben als fahren, um von A nach B zu kommen; Stadtrundfahrten von schulpflichtigen Kindern mit der Straßenbahn usw. Im letzteren Fall kommt damit fernab von jeglichem Schulbetrieb, das muss man dem Projekt durchaus zugutehalten, eine den Bürgersinn fördernde Komponente hinzu: Junge Menschen lernen ihre Heimatstadt kennen und vielleicht sogar auch lieben.
Das mag ja für eine gewisse Zeit alles hinzunehmen sein. Neben den ins Uferlose treibenden Kosten, wird jetzt aber auch die uns allen avisierte Bauzeit in Frage gestellt. Dies ist nicht nur für die vielen Menschen, die dann noch eine lange Zeit problematische Anfahrtswege haben, sondern vor allem für die Gewerbetreibenden im unmittelbaren Umfeld der Baustelle, deren Existenz schon jetzt teilweise bedroht ist, ein fatales Signal. Unausweichlich ist, dass die jetzt alternativ genutzten Verkehrswege der Überbeanspruchung nicht ewig Stand halten werden. Parallel anstehende Bauvorhaben der MVB und der Stadt (neuer Strombrückenzug) werden in dieser Hinsicht ebenso Auswirkungen nach sich ziehen und zuletzt auch finanzielle Kapazitäten binden. Dringend durchzuführende Baumaßnahmen, wie z.B. für die Große Diesdorfer Straße, sind dann nur Beiwerk in einem finanziellen Planspiel, das in der Gesamtbetrachtung all dessen, was möglich ist oder nicht, für die nächsten Jahre im Chaos zu versinken droht.
Das haben weder die Stadtfelder noch die Bürger Magdeburgs, egal welcher Stadtteil nun betroffen ist, verdient.
Das kleinste Übel wäre, alles dafür zu tun, dass das Gesamtprojekt doch irgendwie im Rahmen der bisher geplanten Bauzeit fertiggestellt wird, egal wie man zur Sinnhaftigkeit des Projektes steht. Dies wird nun sicherlich teuer, aber eine Verzögerung um viele Jahre bringt unabsehbare und viel größere Probleme mit sich. Sicherlich können jetzt Alternativen unter dem Motto: „Zuschütten, Asphalt drauf und gut“ diskutiert werden. Dann stehen wir aber wieder am Anfang und hatten uns das Ganze im wahrsten Sinne des Wortes wirklich sparen können.
Wer viel macht, macht auch Fehler. Der Schock saß tief. Ein mit oberflächlichen Kommentaren versehener „Schrecken ohne Ende“ kann aber auch nicht die Lösung sein. Es bleibt zu hoffen, dass die Verantwortlichen und alle am Projekt Beteiligten endlich Weitsicht beweisen und Offenheit an den Tag legen. Nur so wird es gelingen wieder etwas Harmonie in den Konzertsaal unseres Gemeinwesens zu tragen.
Uwe Thal
für den Vorstand des „Bürger für Stadtfeld e.V.“
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