Mit einer Gedenktafel wird seit gestern an den Architekten Carl Krayl erinnert. Auf Initiative seines Sohnes Bruno hängt sie an der Fassade des letzten von ihm entworfenen Gebäudes in Magdeburg, dem Oli-Kino.
„Es war ein bewegender Tag für ihn“, flüsterte Ingrid Krayl kurz nach der Enthüllung der Metallplatte dem Volksstimme-Reporter zu und verdeutlichte damit die große Bedeutung, die sie für ihren Mann Bruno hat. Denn bislang ist Carl Krayls Vermächtnis in Magdeburg noch nicht auf dem Niveau der Anerkennung wie die seiner architektonischen Mitstreiter wie Bruno Taut oder Johannes Göderitz. Doch das beginnt sich zu wandeln.
Denn nicht nur die Gedenktafel trägt ihren Teil dazu bei, an Krayl und sein Wirken zu erinnern. Wie Michael Stöneberg, Kurator für Zeitgeschichte im Kulturhistorischen Museum, ankündigte, wird es im Oktober 2016 eine Retrospektive über das Gesamtwerk von Carl Krayl geben. Auch ein Buch ist geplant. „Wir hoff en, dass so noch mehr Menschen erkennen, das Krayl einer der bedeutendsten Architekten der 1920er Jahre in Deutschland war“, erklärte er.
Bruno Krayl begründete zuvor, warum die Tafel gerade am Oli-Kino hänge sollte: „Es markiert den Endpunkt seiner architektonischen Karriere.“ Nur dank des Mutes der Bauherrin Martha Daehne sei es überhaupt entstanden. Sie hatte dem eigentlich von den Nazis als entartet abgestempelten Architekten den Auftrag gegeben. Wenn auch nur „verstümmelt“ entstand das Stadtfelder Kino als sein letztes Werk. Erhalten geblieben sind bis heute außerdem u. a. das AOK-Gebäude an der Lüneburger Straße oder Siedlungen in Fermersleben, Neustadt und Cracau.
Mit Bruno Taut verband Carl Krayl eine „innige Freundschaft und geistige Verwandtschaft“, wie sein Sohn sagte. Er war es, der ihn als „verspielten Maler für eine farbige Stadt“ nach Magdeburg geholt hatte. Wolfgang Heckmann, heutiger Eigentümer des Oli-Kinos und verantwortlich für dessen Sanierung im Kraylschen Sinn, sprach bei der Enthüllung von einer „Mischung aus Beklommenheit und Würdigung der Geschichte“. Als es an die Sanierung ging, sagte er sich: „Das Haus muss sein Recht bekommen“. Sein Architekt hat es mit der Tafel nun auch.
Volksstimme vom 06.09.2015
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