Debatten um die Gestaltung des Boulevards in Neu-Reform, Streit um Straßennamen in „Texas“ oder Pläne für den Rundweg um den Neustädter See. Rund 400 Magdeburger diskutieren regelmäßig in einer der 22 Gemeinwesenarbeitsgruppen (AG GWA) in den 40 Stadtteilen über Themen aus der Nachbarschaft. Das Wort der Ehrenamtlichen hat durchaus Gewicht. Vor wichtigen Entscheidungen holen sich Verwaltung und Stadträte regulär die Empfehlung der zuständen GWA ein.
Die Landeshauptstadt schuf mit den GWA-Gruppen vor 15 Jahren ein besonderes Mittel der Bürgerbeteiligung und gab einen Impuls für mehr ehrenamtliches Engagement im Kiez, sozial wie kulturell. Mit ihren Veranstaltungen und Projekten erreichen die Ehrenamtlichen inzwischen nach einer Erhebung der Stadt Jahr für Jahr rund 10 000 Magdeburger.
„Akteure sollen sich zusammenfinden, um gemeinsam ihren Stadtteil voranzubringen.“ Stadtrat Jens Hitzeroth (SPD)
Die Kommune fördert die ehrenamtliche Arbeit mit derzeit 51 200 Euro jährlich, vergeben zu jeweils gleichen Teilen an die 22 Gruppen. Das zahlte sich in den Stadtteilen schon vielfach positiv aus. Wie zum Beispiel jüngst beim Bau des Reformer Boulevards, in dessen Planung in den vergangenen Jahren Bürgerideen einflossen. Seit einigen Jahren gab es aber teilweise heftigen Zoff um Zuständigkeiten, Personalien und Geld. Jüngster Streitfall: die neu gegründete GWA Werder (Abspaltung aus der GWA Ostelbien). Erst gab es erbitterten Streit um Personalfragen, dann wollte der eingesetzte Sprecherrat die Sitzungsorte nicht mehr für die Allgemeinheit öffentlich bekannt machen – aber auf Geld aus der Stadtkasse ebenso wenig verzichten wie auf Einfluss auf städtische Entscheidungen.
GWA-Sitzungen hinter verschlossenen Türen sind jedoch unzulässig, stellt die nun von OB Lutz Trümper erlassene neue GWA-Förderrichtlinie klar. GWA-Gruppen, die sich daran nicht halten, sollen fortan kein Fördergeld mehr bekommen, ihre Beschlüsse wären für die Stadt nichtig.
Der Stadtrat hatte mit einem im April beschlossenen Antrag klare Regeln vom OB gefordert, ohne aber die Freiwilligen mit einem Wust an Vorschriften zu „verschrecken“.
So gibt es nun auch zur Gründung von GWA-Gruppen eindeutige Regeln: „Als GWA wird berücksichtigt, wenn diese sich in einem Stadtteil unter der Bezeichnung ,Arbeitsgruppe Gemeinwesenarbeit‘ zusammenschließt, grundsätzlich öffentlich mit festgelegter Tagesordnung, mindestens viermal im Jahr tagt und die Protokolle der Landeshauptstadt vorlegt.“
Zur Gründung braucht es demnach „mindestens fünf Vertreter aus unterschiedlichen Institutionen, Einrichtungen, Firmen, Vereinen, freien Trägern, Initiativen, Interessenvertretungen oder einzelne Bewohner des Stadtteils“.
Gewählte Sprecher müssen die GWA nach außen vertreten. Geld aus dem Fördertopf gibt es frühestens nach einjähriger Tätigkeit und wenn die Stadt die neue GWA offiziell anerkannt hat.
Ebenfalls festgeschrieben: Zuschüsse für ein Kinderfest oder den nächsten Frühjahrsputz müssen in öffentlicher Sitzung gestellt und von den anwesenden Vertretern mit einfacher Stimmenmehrheit befürwortet werden. Sonst bleibt die Schatulle des Stadtkämmerers verschlossen.
„Damit erhalten die Gemeinwesenarbeitsgruppen, die überwiegend gute, ehrenamtliche Arbeit leisten, auch finanziell Planungssicherheit“, sagte SPD-Stadtrat Jens Hitzeroth auf Volksstimme-Anfrage.
Hitzeroth war einer der Initiatoren des entsprechenden Stadtratsbeschlusses im vergangenen Frühjahr und ist zufrieden: „Es wird der Grundgedanke unterstrichen, dass sich Akteure zusammenfinden, um gemeinsam ihren Stadtteil voranzubringen. So soll es sein.“
(Volksstimme vom 28.08.2013)
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