Der neue Tunnel zu Magdeburg – die Geschichte um die Millioneninvestition könnte sich als eine ewige Geschichte entpuppen. An dem „Kreuzungsvorhaben nach Eisenbahnkreuzungsgesetz“ sind die Netz AG der Deutschen Bahn (Neubau der Eisenbahnbrücken) und die Landeshauptstadt (Verkehrsanlagen darunter sowie für die Ver- und Entsorgungsleitungen) beteiligt. Weitere Akteure sind das Land Sachsen-Anhalt als Fördermittelgeber und als Genehmigungsbehörde – und die Kritiker – der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und die Betreibergesellschaft des City Carré.
Entscheidung über das weitere Verfahren steht noch aus
Deren in Klagen gegossene Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Planungen hatte das Oberverwaltungsgericht vor einer Woche erstmals mündlich verhandelt – die Volksstimme berichtete. Wie eine Nachfrage der Volksstimme beim Oberverwaltungsgericht gestern ergab, ist noch keine Entscheidung über die Beweisanträge der Kläger in Sicht.
Die Positionen der Beteiligten lassen derzeit kaum eine Möglichkeit für einen Kompromiss erkennen. Oberbürgermeister Lutz Trümper hatte im Volksstimme-Gespräch deutlich gemacht, dass aufgrund der Baugeometrie eine sogenannte Nullvariante nicht möglich sei. Aufgrund der gesetzlich vorgeschriebenen Mindesthöhen für Brücken-Neubauten – und zu diesen zählt der Ersatz für die Eisenbahnbrücken aus dem 19. Jahrhundert – würde ohne Tunnel eine Verlegung der Brückenlager fällig werden. Aus Sicht der Stadtverwaltung keineswegs die billigere Variante.
Kritiker befürchten eine Explosion der Kosten
Anders sieht dies jedoch die Gruppe der Kritiker. Auf die Meldung in der Volksstimme hin hatte sich Stadtrat Jürgen Canehl gemeldet und geschrieben: „Jeder Laie weiß, dass ein Tunnel hö here Kosten verursacht als eine Brü cke. Die Tunnelplanung ist auf dem besten Wege – wenn auch auf niedrigerem Niveau – der Hamburger Elbphilharmonie nachzueifern.“ Oliver Wendenkampf, Geschäftsführer des BUND in Sachsen-Anhalt, sieht den Prozess derweil als eine Chance für die Landeshauptstadt „ohne größeren Gesichtsverlust eine kostensparende Nullvariante“ umzusetzen.
Dieses Wohlwollen indes vollzieht Lutz Trümper nicht nach und erinnert an die Ankündigung von Tunnelkritikern zu klagen, bevor überhaupt detaillierte Planungen vorgelegen haben. Laut Landesverkehrsministerium beträgt der von der Stadt derzeit angemeldete Fördermittelbedarf 21,1 Millionen Euro bei einem Fördersatz von 80 Prozent. Die Tunnelkritiker sprechen indes bereits von Kosten jenseits der 50-Millionen- Euro-Marke. Des ungeachtet könne die Stadt Magdeburg im Rahmen eines „vorzeitigen Maßnahmebeginns“ seit Dezember „förderunschädlich Rechtsverpfl ichtungen eingehen“, so Ministeriumssprecher Bernd Kaufh olz. Über den eigentlichen Zuwendungsantrag könne aber nicht entschieden werden: Es fehle der Nachweis der Verbesserung der Verkehrsverhältnisse, vor allem am Knoten Ernst-Reuter-Allee/Otto-von- Guericke-Straße, aber auch am Damaschkeplatz. Und: Angesichts der Klage ist der Baubeginn ohnehin noch nicht möglich.
Prüfung der Wirtschaftlichkeit kommt nicht vor August
Angesichts der Kontroverse um das Projekt verweist Bernd Kaufh olz auf einen früheren Vorstoß: „Das Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr hatte der Landeshauptstadt mehrmals nahegelegt zu prüfen, ob stark vereinfacht die Absenkung der vorhandenen Verkehrsebene unter den Bahnbrücken um rund einen Meter realisiert werden und der Tunnel, als weiterer Bauabschnitt, erforderlichenfalls später weitergebaut werden kann. Eine Reaktion der Landeshauptstadt auf diese Anregung ist bisher nicht erfolgt.“ Eine weitere Baustelle um die geplante Baustelle ist eine mögliche Deckelung für die Landeszuschüsse. Zwar hat das Land seine Unterstützung erst im Oktober bestätigt. Eva Feußner leitet den Rechnungsprüfungsausschuss des Landtags und begrüßt dennoch, dass sich – wie berichtet – auch der Landesrechnungshof kritisch mit dem Tunnelbau beschäftigt. Sonst wird dieses Gremium erst aktiv, wenn ein Bauwerk fertig ist. „Auch unser Ausschuss möchte das Risiko für das Land minimieren“, sagt Eva Feußner. Daher auch von hier die Forderung nach einer Wirtschaftlichkeitsprüfung. Laut Bernd Kaufh olz vom Verkehrsministerium ist mit deren Ergebnissen nicht vor August zu rechnen.
Hilfsbrücken für Züge könnten die Straßenbahn ausbremsen
Falls sich der Bau zumindest der Brücken weiter verzögert, muss laut Bahn der Bau von Hilfsbrücken überlegt werden. Die Folge wäre eine verminderte Durchfahrtshöhe unter anderem mit „Auswirkungen auf die öff entlichen Verkehre der MVB“.
(Volksstimme vom 03.05.2013)
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